Making-of: Schwur aus rotem Glas
Wollt ihr wissen, wie und warum die Geschichte entstanden ist? Dann habt ihr heute die Gelegenheit, hinter die Kulissen zu sehen.

Fakt ist, dass mich all die Geschichten anöden, in denen der wohlhabende Kerl (Millionäre reichen meist nicht mehr aus, sondern es sind schon Milliardäre), sich die heiße Schnitte schnappt. In welcher Variante - das ist egal. Sie darf gern jünger sein und unerfahren, arm, doch auch ein bisschen erfolgreich. Hauptsache, die beiden sind sexy und er ist in irgendeiner Weise in einer Machposition ihr gegenüber.
Ich dachte oft, es liegt an meinem Alter, dass mich das stört, doch ich bin ja nun kein Dinosaurier. Vielmehr denke ich, dass es tatsächlich meine Einstellung ist, denn im Grunde stört es mich schon immer. Die Prinzessin, die gerettet wird, war ich nie und wollte es auch nicht sein.
In meinen Geschichten trug ich die Hosen, oder stellvertretend für mich schwang meine Heldin das Schwert und rettete, wen es auch zu retten gab. (Welche Erkenntnisse das für mich in Laufe des Lebens gebracht hat, wird sich vermutlich aus meinem aktuellen Manuskript perfekt herauslesen lassen, doch alles zu seiner Zeit.)
Und auch im richtigen Leben bin ich diejenige, die immer mit beiden Beinen im Leben steht, Hosen trägt und auf zierliches Schuhwerk verzichtet, weil man damit nun mal nicht aus dem Auto springt, um einen Drachen zu töten. (Dass ich ausgerechnet an einem Tag, an dem ich eine Horde Jungbullen am Ausbrechen hindern musste, in Leggins und hohen Pumps herumturnte, ist wohl der schräge Humor meines Schicksals und eine andere Geschichte.)

Das alles führte zu den Zutaten des Schwurs: Eine taffe und erfolgreiche Frau, die bereits älter als 40 Jahre ist, dazu ein blutjunger Kerl, der wie ein ungeschliffener Diamant sein muss. Dazu etwas, das die beiden zueinander führt und sie verbindet. Dann die Prise Drama dazu, damit mir beim Scheiben und dann euch beim Lesen das Herz blutet ... Der Arbeitstitel war geboren: "Bis gestern hatten hatten wir noch Träume".
Da ich nicht plotte, joggte nach den obigen Gedanken meine Figur Maren los, bekam die fiese Verdachtsdiagnose verpasst und das miese Gefühl dazu, mit dem ich mich aus eigener Erfahrung perfekt auskenne.
Der Plan war, dass sie nun Benny kennenlernt, die gemeinsame Basis die Herkunft aus der Plattenbausiedlung ist und sie ihre dramatische Liebesgeschichte erleben, weil Maren aufgrund ihrer persönlichen Krise aus ihren gewohnten Verhaltensmustern ausbricht. Dann hob Maren den Blick und sah ihren "Tower" an. So ist das ja oft mit meinen "harmlosen" Figuren. Ich wusste sofort, dass unter den Mauern dieses gigantischen Hochhauses etwas lauert. Wie fies das alles werden würde, erfuhr ich erst, als ich mich auf Maren und ihre schreckliche Vergangenheit eingelassen habe.
Ihr Racheschwur mit dem Glassplitter in der Hand, das rote Leuchten ihres Hochhauses in der Sonne ... der neue Titel war geboren und vergessen war der einfache Plot des Liebesromans.
Das Schreiben der Geschichte während des Lockdowns ließ mich mit der Figur Maren fühlen, als sie eingesperrt im Bunker saß. Beklemmend war das Gefühl, bis ich mich mit ihr gemeinsam an die Dunkelheit gewöhnt hatte.
Die schlimmste Erkenntnis im Laufe der Geschichte war, als ich erkannte, warum Maren so an dieses Bauwerk gebunden ist, was sich tatsächlich unter dem Hochhaus befindet. Mir wurde schlecht, als mir das klar wurde. Ich saß tatsächlich mit Gänsehaut vor dem Laptop. Und ich dachte, es ist das Ende, wenn Benny das erfährt ...
Aber Benny ist eben Benny. Eine meiner liebenswertesten Figuren, wobei sein moralischer Kompass sehr zu kämpfen hatte.
Maren ist eine starke Frau, die sich auf eine völlig irrwitzige Beziehung einlässt - mit den Augen unserer Gesellschaft, ihren vorgeformten Bildern und Rollenklischees gesehen. Vielleicht wünschen sich viele die Rolle der schwachen Frau für ihre romantisch verklärten Stunden in einem Buch, wollen in der Geschichte die Prinzessin sein, die gerettet wird, wünschen sich einen Mann, der endlich mal sagt, wo es lang geht. Das ist okay.
Für alle, die so wie ich etwas anderes lesen wollen, gibt es nun Maren und Benny und ihren "Schwur aus rotem Glas", den ich euch an anderer Stelle gern noch einmal vorstelle.